Lavaredo Ultratrail 2017

Bei mir gehts ja dieser Tage Schlag auf Schlag. Zuerst mein irrer Lauf beim Transvulcania und jetzt dieses Biest in Italien.

Kurz zu den Eckdaten. Der Lavaredo Ultra Trail ist 120km lang und verlangt von den Läufern 5800 HM (+) zu bewältigen. Bereits letztes Jahr durfte ich die Gegend beim kleineren Bruder (Cortina Trail 48km/ca. 2500 HM) genießen und wusste bereits damals, da muss ich wieder hin. Weil sich auch einige Laufbekannte für diesen Lauf meldeten, war die Entscheidung nicht schwer. Da der Start, zu einer recht unüblichen Zeit, am Freitag um 23 Uhr stattfindet, bedeutete das Anreise am Donnerstag. Erstmal in Ruhe Startsackerl holen und dann den restlichen Tag (mit Pizza natürlich :P) genießen. Die Entscheidung bereits am Donnerstag alles offizielle zu erledigen war goldrichtig. Am Freitag stürmten die Läufer nach Cortina und man musste wirklich lang warten, um bei der Expo seine Unterlagen zu bekommen.

Das Gefühl am Freitag war komisch. Irgendwas zwischen Anspannung und Freude. Auch wusste man nicht wirklcih was tun. Zuviel wollte man sich auch nicht bewegen, aber den ganzen Tag herumliegen is auch fad. Irgendwann war es dann 22 Uhr und es ging Richtung Start.
Die Leute drängten sich am kleinen Hauptplatz in den Startbereich, als wäre hier die Startpositition von essentieller Bedeutung. Wir (Bast & ich) machten es uns hinten gemütlich und beobachteten das Treiben.

Punkt 23 Uhr der Startschuss. Unsere Taktik war einfach. Defensiv anfangen, rauf gehen, runter/gerade laufen und schaun was dabei rauskommt. Inoffiziell haben wir mit einer Sub24 geliebäugelt, aber bei solchen Distanzen weiß man ja nie. Wir kamen echt gut in unseren Rythmus und es hat so richtig Spass gemacht. Es wurde viel gequatscht, es wurde viel gelacht und noch mehr gelaufen. Kurz gesagt es lief. Die Stunden flogen so dahin und wir konnten einem nach dem anderen überholen. Nie wirklich am Limit, sondern immer locker unserer Devise treu bleibend.
Bei Kilometer 40 empfing uns dann Michele, ebenfalls ein Lauffreund – der sich bereit erklärte Punkte im Rennen abzufahren und uns anzufeuern – ganz großes Kino. Die Nacht war dahin und die Sonne zeigte erstmal was heute noch in ihr stecken könnte. Wir waren zu diesem Zeitpunkt bereits knappe 07:30 unterwegs und das war auch erstmal zu spüren. Es half alles nichts und wir setzen auf die Kraft des roten Bullen.
Voll gepumpt mit Red Bull ging es rauf zu den 3 Zinnen. Für mich der absolut schönste Teil der Strecke hier. Es ist zwar schwer aus diesem unglaublichen Rundkurs wirklich eine Lieblingspassage rauszuheben, aber die 3 Zinnen und deren Anstieg war einfach was ganz besonderes für mich.
Bei Kilometer 50 die erste Suppe. Lecker. Es sind die einfachen Dinge im Leben die hier glücklich machen. Am Weg rund um die drei Zinnen hatte ich dann zum ersten Mal mit Kreislaufproblemen zu kämpfen. Die Sonne knallte schon ordentlich runter und die fast 10 Stunden tun noch ihr übriges. Egal, weiter. Der Downhill runter war Freude Pur. Wir sind da runtergeknallt und haben gefüllt 100 Leute überholt (die alle schon gegangen sind). Geil!

Lavaredo Ultratrail 2017

Kurz vor der Labe bei KM66 hab ich dann wieder meinen Kreislauf gespürt und dieser hat mich zum ersten Mal zweifeln lassen. Übernehm ich mich da heut vielleicht? Ist die Hitze doch zuviel für mich? Auch nach einer kurzen Rast, in der Labe, war es nicht wirklich besser. Meine Taktik in so einem Fall: Aufgegeben wird immer bei der nächsten Labe. Erstmal essen, trinken, bisschen langsamer machen und versuchen durch Flüsse abzukühlen. Wenn das alles nichts hilft, dann schau ma weiter.
Zu diesem Zeitpunkt hab ich meinen Zustand dann auch zum ersten Mal an meinen Laufpartner kommuniziert und er hat versucht, so gut es ihm möglich war, mir zu helfen. Bisschen gut zureden, einfach ablenken. Siehe da, es wurde besser. Ein paar Wolken kamen auf, ein paar Bäche wurden genutzt (um den Kopf zu kühlen) und schon war auch der liebe Kreislauf zufrieden. Was mich im Nachhinein stolz macht war, dass selbst zu diesem Zeitpunkt wir noch immer kontinuierlich Leute überholt hatten. Wir haben uns nie hingesetzt oder mal eine außerplanmäßige Pause gemacht. Wir haben vielleicht unser Tempo angepasst, aber immer mit Blick Richtung Ziel einen Fuss vor den anderen gesetzt.

Die Kilometer gingen nun dahin und es wartete nun der schwierigste Teil auf uns. Der Aufstieg am Col dei Bos (km 93). Es war hier auch ein Abschnitt wo zwei Labestationen fast 20 km auseinander lagen. Machte die Sache nicht einfach. Zu diesem Zeitpunkt merkte man uns die Anstrengung des Tages schon offensichtlich an und es wurde nicht mehr viel gesprochen, sondern stillschweigend nebeneinander her gegangen. Innerlich war ich echt fertig. Hätte man mir hier angeboten aufzuhören oder auf eine kürze Distanz zu wechseln (die es zum glück nicht gab), ich hätte ja gesagt. Ich wollte einfach nicht mehr. Der Tag war lang und das was vor uns lag noch länger. Aber wie es oft im Leben eines Ultras, nach einem Tief kommt ein Hoch. Ein wenig Essen/Trinken plus Anfeuerungen von Michele und die Welt schaut gleich besser aus. Am Col de Bos angekommen wussten wir das Ding nimmt uns jetzt keiner mehr, wissend das noch zwei brutale Anstiege vor uns lagen.

Leider war uns zu diesem Zeitpunkt auch klar, aus Sub24 wird wohl nix. Also neues Ziel gesetzt, ankommen noch am Samstag (SUB25). Die Downhills wurden runtergedonnert und die Anstiege schön defensiv raufgearbeitet. Am Gipfel des vorletzten Anstiegs haben wir dann nochmal die Stirnlampen, für die zweite Nacht, eingeschalten. (km 107)

Die letzten 9km zurück nach Cortina ging es steil berab. Nach so einer langen Zeit kann man sich was angenehmeres vorstellen, aber das war uns egal. Wir gaben alles und liefen so schnell wir konnten. Das heißt was für mich, weil Downhill is nicht meine große Stärke. Aber wenn man runtergetrieben wird, dann entwickelt man neue Kräfte :)> Noch immer ständig am Leute überholen erreichten wir kurz nach halb zwölf Cortina. Die letzten 2 Kilometer (oder so) durch den Ort waren dann draufgabe und nach 24:50:23 erreichen wir erschöfpt, aber überglücklich das Ziel. Wir sind noch Samstag eingelaufen! Geil!

Schlußendlich sind wir von ca. 1600 Leuten die gestartet sind auf den 693 Platz gelaufen. Über 500 Aufgaben zeigen wie schwer dieses Rennen ist. Zu beachten ist auch, dass man sich hierfür qualifizieren muss. Das sind also alles erfahrene Leute die hier unterwegs sind!

Zu einem Gefühlsausbruch waren wir allerdings nicht mehr fähig. Die Erschöpfung zu groß. Macht nichts, wir haben jetzt noch einige Tage Zeit dieses unglaubliche Erlebnis zu verarbeiten.

Florian

Lavaredo Ultratrail 2017