An den Wochenenden Mitte/Ende April liefen zahlreiche Läuferinnen einen Halbmarathon oder Marathon. Ganz allein für sich, ohne offizielle Zeitnehmung – nur gegen die eigene Uhr. Der Grund dafür? Am 19. April wäre der Wien Marathon gewesen.
Auch unser Teammitglied Sandra nahm eine Woche später die volle Distanz in Angriff. Bei ihr war es allerdings nicht der Wien Marathon, für den sie sich vorbereitet hatte. Seit Herbst letzten Jahres war der 26. April als Tag des Zürich Marathons rot in ihrem Kalender markiert. Das intensive Training dafür sollte nicht umsonst gewesen sein. Warum sie sich gerade für die Strecke um den Wienerwaldsee entschieden hat und wie es ihr dabei erging, hat sie für uns nachfolgend zusammengefasst.
„Als Mitte März klar wurde, dass der Zürich Marathon am 26. April nicht stattfinden wird, war ich bereits mitten im Marathontraining und mein erster Gedanke war: „Schad‘ um die Form, ich könnt‘ heulen“. Nachdem heulen an der Situation aber auch nichts geändert hätte, hat das trotzige Kind in mir beschlossen, trotzdem zu starten. Der Wienerwaldsee erschien mir für mein Vorhaben wie geschaffen, die Strecke ist flach, autofrei und eine Runde hat 4,19 km. Also musste ich „nur“ zehn Mal rundherum plus 300 Meter laufen. Die Stimmung am Start um sieben Uhr in der Früh bei kalten +0,5 Grad Celsius war irgendwie speziell. Mein tapferer Begleiter am Fahrrad hat bereits auf der zweiten Runde von der heißen Badewanne geträumt. Für mich waren die Bedingungen aber ideal und ich konnte durchgehend mein geplantes Tempo laufen.
Mit der Zeit kamen auch immer mehr Unterstützerinnen dazu, wodurch fast so etwas wie Wettkampfstimmung aufgekommen ist. Nach 3 Stunden 23 Minuten und 11 Sekunden (neue inoffizielle Bestzeit) durfte ich durch ein aus Grashalmen zusammengeknüpftes Zielband laufen. Als ich dann auch noch einen Pokal überreicht bekam, habe ich mich gefühlt wie eine Siegerin.“
Unser Resümee: Sandra hat gezeigt, dass es keinen offiziellen Bewerb braucht, um persönliche Bestleitungen zu erbringen. Sicher, jede*r ist anders. Da gibt es die Adrenalin-Typen, die im Training oftmals mit sich kämpfen, um dann im Wettkampf über sich selbst hinauszuwachsen. Auf der anderen Seite stehen jene, denen der Stress rund um Bewerbe stark zusetzt und die im „normalen“ Training ohne Druck stärkere Leistungen erbringen. Nicht jeder muss in Zeiten von Covid-19 an die eigenen Grenzen gehen, wenn sie/er das nicht möchte oder vielleicht auch gar nicht die Ressourcen dazu hat.
Aber wenn jemand es schafft, die notwendige Motivation und Kraft aufzubringen, so wie unsere Sandra, und dann auch noch die eigene Bestzeit pulverisiert – dann gehört das entsprechend honoriert. Eine richtig starke und beeindruckende Leistung, wir ziehen unseren (imaginären) Hut.