Von 6.-8.4.2018 fanden die „100 Miles of Istria“ statt. Dieser Ultra-Trail-Bewerb durch die kroatische Halbinsel Istrien erstreckt sich über knapp 170 km, wobei über 6.500 Höhenmeter zu bewältigen sind.
Unser Athlet Werner Weissl hat sich diesem unglaublichen Bewerb gestellt und folgenden Erfahrungsbericht verfasst:
Am Freitag Nachmittag ging es mit Bussen vom Ziel in Umag zum Start in die Stadt Labin. Diese liegt im Südosten Istriens, ca. 3 km von der Kvarner Bucht entfernt. Die Strecke verläuft kurz hinunter zur Bucht nach Rabac, ein paar km entlang der östlichen Küste, bevor sie Richtung Innenland bis nach Buzet führt. Von dort geht es immer weiter Richtung Westen, quer über die Halbinsel bis zum Ziel in Umag. Insgesamt sind ca. 168km, 6.539 HM im Anstieg und 6.818 HM im Abstieg zu absolvieren.
Als Teil der Ultratrail Worldtour war das Starterfeld mit 532 Läufern international stark besetzt. Der Start erfolgte um 17:00 bei Sonnenschein und angenehmer Lauftemperatur.
Die ersten 25km bis zur zweiten Labestation liefen wie am Schnürchen, ich fühlte mich gut, die Beine waren stark und ich kam gut voran. Gleich nach dieser Labe setzen allerdings ziemliche Magenprobleme ein. Ich hatte zwar nichts Ungewöhnliches gegessen, aber irgendwas passte plötzlich gar mehr. Und das ausgerechnet im Anstieg auf den Vojak, den höchsten Punkt der Strecke und höchsten Berg Istriens. Riegel und Gels fielen jetzt aus, allein schon der Gedanke daran machte die Übelkeit schlimmer. Bis zum Gipfel war es nun auf einmal eine ziemlich mühsame Quälerei. Oben angekommen blies ein eisiger Wind und die Wege waren schneebedeckt. Bergab war eine Rutschpartei vorprogrammiert.
Bei den folgenden beiden Laben versuchte ich mit Tee und Weißbrot den Magen wieder in den Griff zu bekommen. Bis die Übelkeit dann aber endgültig verschwand, dauerte es allerdings bis ca. km 75.
Bei der Halbzeit in Buzet (88km) gab es dann Zugriff auf’s Dropbag. Also frisches Gewand, eigenes Essen und eine kurze Pause. Bis dorthin lag ich trotz der Probleme, ganz gut im Plan. Meine erhoffte Zielzeit (unter 30h) sollte sich locker ausgehen. Motiviert und ohne Magenprobleme ging es weiter nach Hum, der angeblich kleinsten Stadt der Welt, mit aktuell 27 Einwohnern (laut Ortstafel). Auf dem Weg dorthin, kündigte sich aber schon das nächste Problem an: der rechte Oberschenkelmuskel meldete sich mit einem verdächtigen Brennen und Stechen und kündigt damit eine bevorstehende Muskelzerrung an. Wahrscheinlich die Rechnung für die teilweise sehr ruppigen Downhills von zuvor.
Leider wurde dieses Problem schlimmer und ab ca. km 110 war es dann für mich mit Laufen vorbei. Vor allem bergab ging gar nichts mehr.
Ab diesem Punkt ging es nun nicht mehr um Zielzeiten. Es ging nur mehr darum durchzukommen, oder rechtzeitig abzubrechen bevor sich eine ernsthafte Verletzung entwickelt.
Bergauf schmerzte das Bein weniger, nur leider musste ich überall wo ich rauf ging, auch wieder runter… Im Flachen kam ich mit zügigen Walken einigermaßen voran.
So hantelte ich mich langsam von Labe zu Labe. Die zweite Nacht hat mittlerweile auch schon begonnen und es wurde wieder kalt.
So irgendwann bei km 130 kamen dann auch noch die fast unvermeidbaren Blasen an den Füßen dazu.
Ab jetzt war es nur mehr mühsam, aber Aufgeben so knapp vor dem Ziel war auch keine Option.
Irgendwie kam ich bis zur Labe bei km 147 durch. Ab hier ging es die letzten 21km bis ins Ziel nur mehr flach dahin bzw. moderat bergab. Sollte also machbar sein. Diese letzten km zogen sich zwar fast unendlich bis nach Umag, aber schließlich konnte ich nach 34,5h den Lauf beenden.
Unterm Strich ist bei diesem Rennen wirklich gar nichts nach Plan gelaufen. Aber das ist wohl so bei Ultratrial-Bewerben, es ist einfach nichts planbar. Man muss ständig Probleme lösen, Entscheidungen treffen (hoffentlich die richtigen…) und den Plan halt entsprechen anpassen oder in die Tonne treten.
Mein Ziel hab ich zwar bei weitem verfehlt, bin aber glücklich durchgekommen zu sein.
Es gingen 532 Läufer an den Start, 261 kamen ins Ziel.
Zur Veranstaltung selbst kann man eigentlich nur eines sagen: Herausragend!
Organisation, Strecke, Markierungen, Labestationen, Helfer und Zuschauer waren so ziemlich das Beste, das ich je gesehen habe. Es gibt hier wirklich nichts zu meckern. Außer vielleicht an der Disziplin der Läufer selbst, die hier auffällig viel Müll auf den Trials „verloren“ haben.