Der diesjährige Großglockner Ultratrail (GGUT)fand vom 21-23. Juli 2017 statt. Von Zell am See-Kaprung bis nach Kals am Großglockner und Uttendorf führte die 110km lange Strecke quer durch sieben Täler, drei verschiedene Bundesländer, an 14 wunderschönen Gletschern und 300 Gipfeln entlang. In dieser atemberaubenden Hochgebirgslandschaft, die extrem viel Erfahrung und Technik erfordert, begaben sich zwei unserer Mitglieder, Werner und Patrick, auf die Reise.
Patrick bestritt die Glockner Trail Strecke mit über 50km und 2000 Höhenmetern in einer herausragenden Gesamtzeit von 6:22.49,1, mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 8:04/km. Er konnte somit den Rang 25 von 170 Finishern in seiner AK belegen.
Werner bestritt den GGUT 110 mit über 110km und 2000 Höhenmetern in einer fabelhaften Gesamtzeit von 25:05.36,1 und konnte mit dieser Zeit den Rang 32 von 46 Finishern in seiner AK belegen.
Patrick:
3:30 Uhr. Der Wecker läutet. Da ich ohnehin nicht wirklich tief geschlafen habe wird er sofort abgedrückt und ich beginne mich für das Rennen fertig zu machen. Um 4:30 geht mein Bus von Kaprun nach Kals, von wo aus der Glockner Trail starten wird.
Ich habe am Tag davor bemerkt, dass ich nervöser bin als ich es erwartet hätte. Ich habe mir nichts Großartiges für diesen Lauf vorgenommen. Vor einigen Wochen habe ich auf der Veitsch meinen ersten Lauf absolviert, der etwas länger war als die Marathondistanz. Offiziell 54 km, meine Uhr wollte aber nur 49,9km anzeigen. Mein Trainer hat mir daher auch gesagt „eher genießen als stressen“. Ich wollte mir also kein bestimmtes Ziel vornehmen. Andererseits erschien mir diese Veranstaltung doch etwas Besonderes zu sein. Da wäre zum Einen die Streckenführung, die man gut und gerne als alpin bezeichnen darf und damit genau dem entspricht was ich mir unter einem schönen Lauf vorstelle. Zum Anderen hat sich der Lauf in den letzten drei Jahren zu einer der Trail Veranstaltungen in Österreich entwickelt. Wenn man dann also sieht wie viele bekannte und auch internationale Läufer_innen an diesem Event teilnehmen, beginnt man den Lauf plötzlich doch ernst zu nehmen.
Als ich kurz vor 4:30 Uhr in einen der bereitstehenden Busse einstieg, war ich also doch etwas angespannt. Die Busfahrt wurde dann dazu genutzt etwas zu frühstücken und noch einmal den Streckenverlauf durchzugehen. 50 km und 2000 hm waren angegeben. Die Strecke beginnt mit einem leichten Anstieg auf den ersten 14km. Danach führt ein weniger leichter Anstieg auf die Kalser Tauern. Von dort geht es dann – unterbrochen durch eine kurze Gegensteigung bei der Rudolfshütte – wieder hinunter, bis man dazu übergeht den Anstieg zum Kapruner Törl in Angriff zu nehmen. Hat man dieses erreicht hat man bereits gut 25 km zurück gelegt und der zweite Teil der Strecke verläuft mehr oder weniger bergab, bis nach Kaprun. Ich nehme mir also vor in der ersten Hälfte nicht zu schnell zu laufen, um nach dem Anstiegen noch Kraft für den Abstieg zu haben. Keine besonders ausgefeilte Strategie, aber ich laufe dann meist ohnehin wie es mir gerade Spaß macht. Sollte also reichen.
In Kals angekommen kaufe ich mir noch einen Kaffee und bereite mich auf den Start vor. Plötzlich beginnt es zu regnen und ich muss an Werner denken, der zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als sieben Stunden unterwegs ist. Ich hoffe es geht ihm gut und ziehe mir meine Regenjacke über. Kurz vor dem Start dürfen wir alle dann noch die beiden Führenden des Ultras anfeuern, die bereits die ersten 60 km und 4500 hm absolviert haben. Diese Leistung beobachten zu dürfen verstärkte noch einmal mein Gefühl, dass dieser Lauf etwas Besonderes ist und ich freute mich nun schon richtig auf den Start. Zudem hatte es nun auch wieder aufgehört zu regnen und die Jacke verschwindet wieder im Rucksack. Ohne großen Stress wurde kurz vor 7:00 Uhr von den Teilnehmer_innen Aufstellung vor der Startlinie genommen. Ich blieb weiter hinten, weil ich mir ja vorgenommen habe die erste Hälfte nicht zu schnell anzugehen.
Um punkt 7:00 Uhr ging es los. Wir liefen kurz über Straßen durch Kals, bogen aber schnell auf einen Wanderweg der entlang des Kalser Bach durch das Dorfer Tal führte. Mir war klar, dass diese ersten Kilometer noch sehr laufbar sein werden. Trotzdem wollte ich auch nicht übertreiben, da ich nicht genau wusste was mich im Anstieg zu den Kalser Tauern erwartet. Der Anstieg war dann auch zum Teil sehr technisch und über weite Teile nicht laufbar. Ich setzte hier daher, zum ersten Mal überhaupt in einem Bewerb, meine Stücke ein. Ich bemerkte aber sehr schnell welch großen Spaß es mir an diesen Tag machte zu laufen und mich diesen Anstieg hinauf zu kämpfen. Oben angekommen war es etwas nebelig und die Strecke verlief zum ersten Mal über Schnee, wenn auch nur wenige Meter. Als ich aber den Abstieg in Angriff nahm und sich der Nebel lichtete war ich einfach nur sprachlos. Vor mir eröffnete sich das Panorama mit Rudolfshütte und Weißsee und obwohl ich bereits Bilder gesehen habe war ich extrem glücklich hier laufen zu dürfen. Als ich hinab lief musste ich daher immer wieder lauthals Lachen.
Nach 2 h 21 min kam ich bei der Rudolfshütte an und suchte kurz die Verpflegungsstation auf. Da ich noch genug Wasser und Gels hatte holte ich mir nur schnell einen Tee, bedankte mich bei den Helfer_innen für Ihre Arbeit und lief weiter. Zunächst ging es noch über ein extrem rutschiges Geröllfeld hinab. Abermals musste ich an Werner denken und wie anstrengend es sein müsste an dieser Stelle bereits fast 80 km in den Beinen zu haben. Kurz nach dem Geröllfeld begann der Anstieg zum Kapruner Törl. Dieser war wieder sehr anstrengend und machte dementsprechend wieder sehr viel Spaß. Am Törl oben erwarteten die Läufer_innen zwei Herren der Bergrettung denen ich meinen Dank aussprach bevor ich meine Stöcke – wie ich es mir vorgenommen habe – wegpackte und den Abstieg in begann. Ich hätte noch etwas mit den Stöcken warten sollen, denn kurz nach dem Törl war das zweite Schneefeld der Strecke, welches nun doch einige hundert Meter lang war. Ich versuchte so gut es ging zu laufen oder zu gleiten und nahm mir fest vor Killian Jornets Hardrock 100-Strategie zu übernehmen und meine Schulter bei diesem Versuch auszukugeln um dann das Rennen zu gewinnen. Leider ging die Rechnung nicht auf und ich überstand das Schneefeld unbeschadet.
Ich wusste, von hier an musste ich nur noch so gut ich konnte bergab laufen und schon bin ich im Ziel. Allerdings war die Strecke doch immer wieder sehr technisch, so dass Laufen ein äußert dehnbarer Begriff zu werden schien. Aber genau aufgrund dieser Schwierigkeiten merkte ich, wie ich mich mehr und mehr in diesen Lauf verliebte. Ich war einfach irrsinnig glücklich und lief gemütlich mein Tempo hinab. Wirklich toll war es dann als ich meine Frau – sie lief den 30 km langen Gletscherwelt Trail, welcher von Rudolfshütte aus gestartet war – ca. 10 km vor dem Ziele einholte. Ich sah sie schon von weitem und rief ihr zu. Sie zückte gleich während des Laufens ihr Handy und machte ein Bild von uns beiden als ich sie überholte. Stehen bleiben konnte ich natürlich nicht, dafür war ich bereits zu aufgedreht. Ich rief ihr noch zu, dass wir uns ihm Ziel sehen werden und nahm die letzten Kilometer in Angriff.
Diese verliefen dann gegen Ende auf einer mehr oder weniger flachen Strecke die mir länger und länger werden schien. War dieser Abschnitt jetzt gegen Ende nicht mehr ganz so atemberaubend, so doch zumindest laufbar und ich versuchte so gut ich noch konnte Tempo zu machen. Das viel mir aber alles andere als leicht. Gegen Ende sah ich dann auch immer mehr Läufer_innen denen es ähnlich zu gehen schien und die diese letzten Kilometer gehen mussten. Ich versuchte sie damit zu motivieren, dass das Ziel nun nicht mehr weit sei. Vor allem aber versuchte ich wohl mich selbst dadurch zu motivieren. Als ich dann aber die Kirche von Kaprun sah wusste ich, dass ich es gleich geschafft hatte und all die Freude, die ich über den Lauf hinweg verspürte kam noch einmal hoch. In die Zielgerade einbiegend schrie ich wieder vor Freude und jubelte den Zuseher_innen zu. Ich weiß, normalerweise sollte es andersrum sein, aber nachdem was ich auf dieser Strecke alles erleben durfte war ich einfach so glücklich, dass ich mich bei diesem Lauf bedanken wollte. Ich gab noch einmal alles und lief nach 6h und 22 min im Ziel ein.
Werner:
Länge: 110km
Höhenmeter: 6500m
Gleich einmal vorab …
Nachdem ich letztes Jahr schon beim Großglockner Trial (GGT, 50km/2000m) mitgelaufen bin und diesen auch gut finishte, musste es dieses Jahr natürlich die ganze Runde um das alpine Wahrzeichen Österreichs werden. Üblicherweise gebe ich nicht sonderlich viel auf Werbesprüche wie „härtester Lauf Österreichs“ und Vorsilben wie „Mega“ und „Giga“. Beim GGUT110 wird einem allerdings nicht zu viel versprochen. Diese 110km waren mit Sicherheit die bisher härtesten meines Läuferlebens.
Zum Rennen …
Um 22:30 treffen sich in Kaprun die Läufer zum Rennbriefing. Die Originalstrecke wird von der Rennleitung freigegeben, Wetterbericht, einige Hinweise und Empfehlungen. Um 23:00 stellten sich dann 257 Herren und 38 Damen an die Startlinie.
Auch zu dieser Uhrzeit sind einige Zuseher in Kaprun unterwegs und klatschen die Meute die kurze Strecke durch den Ort. Schon bald biegt die Lichterkette über eine Forststraße ab in die Berge und mit dem lockeren Laufschritt ist es vorbei. Quasi zum Aufwärmen geht es auf den Rettenbachkopf, weiter über die Hinterjudendorfer Alm und wieder hinunter nach Fusch. Nach 14km sind die ersten 1000HM eingesammelt und es geht gemütlich, nur leicht ansteigend weiter nach Ferleiten.
Bei Kilometer 23 an der ersten Labestation ist körperlich noch alles im grünen Bereich. Im langsamen Laufschritt geht es hinein ins Käfertal zur ersten Schlüsselstelle – die Pfandlscharte, 1500 endlos lange Höhenmeter am Stück hinauf auf 2663m. Die weit oben aufleuchtenden Stirnlampen lassen erahnen was vor mir liegt und tragen nicht unbedingt zur Motivation bei. Der Anstieg startet als gemächliche Forststraße und steigert sich in einen brutal steilen Pfad. Die letzten vielleicht 200 Höhenmeter müssen über Schnee- und Geröllfelder aufgestiegen werden, was ziemlich viel Kraft und auch ein paar Nerven kostete.
Ziemlich überrascht haben mich dann zwei bestens gelaunte Bergretter, die auf der Scharte jeden Läufer einzeln begrüßen. Sie haben dort oben im Zelt übernachtet – Respekt! Es weht ein starker Wind und es ist saukalt. Nichts wie wieder runter!
Die Morgendämmerung setzt langsam ein und die Sonne begrüßt uns mit einem fantastischen Spektakel in den Bergen auf 2500m.
Nach der Pfandlscharte geht es ein wenig bergauf und bergab weiter zum Glocknerhaus. Dort gibt es bei km 37 die nächste Labe vor dem nächsten Anstieg. Noch immer fühle ich mich recht stark und nach einer nur kurzen Pause geht es weiter in Richtung Pfortscharte.
Kurz nach dem Margaritzenstausee, so gegen 6:30 am Morgen, ziehen mit unglaublicher Geschwindigkeit Wolkentürme auf. Kurz darauf zucken auch schon die ersten Blitze durch den Himmel. OK, jetzt ist also Schluss mit lustig, ein Unwetter auf 2500m ist eine ernste Sache. Kurzer Halt um zu überlegen, was jetzt am vernünftigsten ist. Zur Salmhütte sind es noch ca. 6km, allerdings mit einigen Höhenmetern. Zurück zum Glocknerhaus ungefähr 5 km fast nur bergab. Den Gedanken die Strecke danach nochmal zu laufen, wenn ich jetzt umkehre, finde ich aber auch nicht sonderlich berauschend. Entkommen kann ich dem Gewitter in beiden Richtungen ohnehin nicht, also Regengewand raus und weiter Richtung Salmhütte. Zum Glück zieht das Gewitter recht schnell drüber und nach ca. 20min ist der Spuck vorbei, der Regen allerdings hält an.
Vorbei an der Hütte geht es brutal steil hinauf zur Pfortscharte, auf das Dach der Strecke (2828m). Fast noch steiler geht es nach der Scharte über ein Geröllfeld wieder hinunter Richtung Stüdlhütte.
Die ersten 4000 Höhenmeter sind erledigt, irgendwann hat es wieder aufgehört zu regnen und ich fühle mich noch immer recht gut. Auch technisch finde ich die Trails bis jetzt nicht extrem schwer.
Durchs Ködnitztal geht es gemütlich dahin bis zum Lucknerhaus, der nächsten Labe bei km 52. Kurze Stärkung und hinauf auf den Greibühel, die letzte Hürde vor Kals.
Endlich in Kals! Halbzeit, Dropbag, trockene Kleidung.
Ich mache so ca. 20min Pause und bin positiv überrascht über meine Zeit. Nach ca. 11h 30min erreichte ich Kals. Den zweiten Teil der Strecke kenne ich ja bereits aus dem Vorjahr und plane dafür ungefähr 8-9h ein. Das heißt, ich würde in ca. 20-21h im Ziel sein, schneller als erwartet. Soweit die Theorie…
Motiviert und im lockeren Laufschritt geht es hinaus aus Kals auf den vermeintlich einfacheren, zweiten Teil der Strecke. Noch 50km und „nur“ 2000 Höhenmeter warten auf mich.
Der Weg führt durch die wunderschöne Daberklamm in Richtung Berger Alm, vorbei am Kalser Tauernhaus, wo sogar die Sonne wieder raus kommt. Die gemütlich ansteigende Forststraße schlängelt sich weiter entlang des Kalserbachs durch das Dorfertal.
Der Weg Richtung Rudolfshütte ist ein einziges Meer an großen, unrhythmischen und rutschigen Steinen. Die Hütte ist noch eine Ewigkeit entfernt und der Anstieg auf die Kalser Tauern noch nicht mal in Sichtweite. Hier verlässt mich dann die Energie. Jeder Schritt kostet plötzlich Überwindung. An Laufen ist gar nicht zu denken.
Kurze Pause auf einem Felsen, ein Gel runtergedrückt und Kopfhörer rein – Musik hilft immer!
Ab hier geht es für mich nur mehr sehr langsam und schleppend voran. Zeitweise denke ich sogar meine Uhr wäre im Eimer, da die km- und hm-Anzeigen nicht und nicht steigen wollen.
Der Anstieg rauf auf die Kalser Tauern ist schwer, sehr schwer! Inzwischen brennt auch noch die Sonne so richtig runter.
Als ich endlich die Rudolfshütte erreiche, bin ich heilfroh, aber auch weit entfernt von Motivation und Spaß. Ich habe gerade überhaupt keinen Bock, auch noch auf das Kapruner Törl hinauf zu steigen. Aufgeben ist allerdings auch keine Option.
Also eine etwas längere Pause an der Labe und weiter geht’s.
Zuerst hinunter zum Stausee Tauernmoos. Die Trails sind hier technisch sehr schwierig und führen durch riesige Geröllfelder mit Felsen so groß wie PKWs. Eigentlich habe ich diese Passage vom Vorjahr als recht unterhaltsam und abwechslungsreich in Erinnerung. Mit 60km und 4500HM mehr in den Beinen, sieht die Sache allerdings anders aus. Gleich beim Einstieg ausgerutscht – nur hollywoodreife Stunt-Akrobatik hält mich auf den Beinen. Naja, kann passieren, weiter. Keine 10m später retten mir nur die Stöcke den Allerwertesten. Das Ganze wird also diesmal nicht so unterhaltsam. Die Beine sind schwach, die Schritte ungenau und wackelig. Ich plane jetzt jeden Schritt einzeln, teilweise 4-5 Schritte im Voraus. Es dauert eine Ewigkeit da raus zu kommen.
Nach endlosem Herumgestolper komme ich schließlich irgendwann unten am Stausee an. Jetzt noch die letzten 600m aufs Kapruner Törl hinauf. Dieses nähert sich nur im Zeitlupentempo, aber die Höhenmeter auf der Uhr steigen. Der Anstieg ist abwechslungsreich. Zuerst durch ziemlich zugewachsenes Gebiet, dann wieder mal ein Geröllfeld und am Ende noch ein gnadenlos steiler Pfad bis zum Törl. Endlich oben angekommen, geht es gleich wieder über schwierige, lose Felsen runter, gefolgt von einem langen Schneefeld. Man rutscht (und rudert) in den Spuren der anderen Läufer wie auf Schienen mehr als einen Kilometer hinunter. Nasse und kalte Füße sind dabei garantiert.
Vermutlich durch die starken Regenfälle in den letzten Tagen, donnert hier überall das Wasser mit unbändiger Gewalt Richtung Tal. Bei jeder Querung ist volle Konzentration gefordert. Dazwischen gibt es aber auch wieder schöne, laufbare Trails.
Bei der letzten Labe noch ein Schluck Cola und Obst. Es ist mittlerweile wieder dunkel und die Stirnlampe wird ausgepackt. Dazu auch gleich die Jacke, es ist kalt.
Weiter bergab versuche ich so gut es geht, schneller voran zu kommen und die einfachen Passagen zu laufen. Jedoch sind die vielen Querungen der Sturzbäche bei Nacht eine ziemliche Herausforderung und halten mich immer wieder auf.
Durch die schon so lange nassen Schuhe und Füße, kommen ca. 10km vor dem Ziel die unvermeidbaren Blasen. Laufen geht nun endgültig nicht mehr. Dieses letzte Stück nach Kaprun zieht sich wie ein Kaugummi.
Als 5km vor dem Ziel auch noch ein Gewitter aufzog, war die Stimmung am endgültigen Tiefpunkt. Es stürmte und schüttete wie aus Eimern. Fluchend und wütend hämmerte ich die Schritte Richtung Ziel. Einige Minuten später begann es zu hageln und mir wurde auf einmal bewusst, dass hinter mir noch viele Läufer am Berg unterwegs waren. Und ich ärgere mich hier weil ich nass werde! Dabei bin ich im Tal und kann mich jederzeit irgendwo unterstellen. Die Gedanken, dass sich jetzt einige vielleicht gerade übers Törl quälen, lassen aus meinem Ärger ein sehr mulmiges Gefühl werden.
Nach 25h erreiche ich das Ziel. Der Regen hörte auf und man hängte mir die Finisher-Medaille um den Hals. Die Ziellinie fühlt sich heute allerdings so gar nicht rühmlich an.
Ich ging ins Zelt zur Rennorganisation und erkundigte mich, wie viele Läufer noch unterwegs seien. Die Dame deutete zu den noch nicht abgeholten Dropbags. „So viele sind noch oben“. Es waren sicher so um die 50 Säcke. Aber sie meinte auch, dass das Rennen inzwischen für alle die noch nicht bei der Labe an der Staumauer vorbei waren, beendet wurde und gerade von der Bergrettung eingesammelt werden. Für jene die schon unter der Staumauer sind, läuft die Uhr weiter, sie müssen aber auch selbst ins Ziel kommen.
„Es kommen schon alle gut runter“, meinte sie noch optimistisch, bevor ich zum Auto schlurfte.
Fazit …
Was für ein Lauf! 110 Kilometer und 6.500 Höhenmeter sind so schon kein Pappenstiel. Doch der Großglockner Ultratrail ist ein eigenes Kaliber.
Man kämpft mit allen möglichen und unmöglichen Problemen. Regen, Wind, Hitze, Kälte und Hagel – der Glockner hat uns vieles entgegen geworfen.
Von den 295 Startern, kommen 150 ins Ziel. Für die Ergebnisliste ist mein Lauf nicht unbedingt rühmlich und das Hättiwari über eine mögliche bessere Zeit spare ich mir.
Nach ein paar Tagen Abstand ist das „Niemals-wieder“ Gefühl jedoch verflogen und ich bin stolz den Lauf geschafft zu haben.
Nicht nur physische Stärke ist hier notwendig, ohne mentale Kraft, Durchhaltevermögen und Erfahrung, kann sich niemand die Finisher-Medaille umhängen lassen.
Rückblickend ist der Lauf gar nicht so ein Monster oder Biest, wie er öfters bezeichnet wird. Der Glockner ist eine unglaubliche Bereicherung für die österreichische Trailrunning Szene: Landschaft, Strecke, Organisation, Erlebnisfaktor sind einfach unglaublich. Es muss einem aber klar sein, auf was man sich einlässt.
Beide haben eine enorm große Leistung erbracht und wir gratulieren ihnen herzlich für diese tollen Erfolge! Wir sind stolz auf euch!